Meine Mutter wurde als Serbin geboren. Sie lernte meinen Vater in der Schweiz kennen und lieben. Ich wurde in der Schweiz geboren und wuchs in der Schweiz auf. In den Sommerferien erlebte ich viele wundervolle Wochen in Serbien bei meinem Grossvater und meiner grossen Verwandtschaft in einem kleinen Bauerndorf. Auf dem Hof von meinen Verwandten lebten Hühner, Gänse. Schweine, Hunde und Pferde. Sie lebten frei auf dem Hof und halfen bei der Feldarbeit. Traktoren gab es nur wenige im Dorf. Nur wenige besassen auch eine Kuh. Wenn sie kalberte, trank das Kalb die Milch und gleichzeitig gab es auch etwas Milch für die Menschen. Als Kinder suchten wir gerne nach Eiern, die nicht einfach zu finden waren, denn die Hühner nisteten überall auf dem Hof. Die Hühner lebten solange bis sie eines natürlichen Todes starben, denn sie dienten als Eierlieferanten und Insektenfresser oder sie wurden von meinem Grossvater erwischt und getötet. Danach wurde das ganze Huhn von den Krallen bis zum Gehirn gegessen und die Federn verwendet. Meinen Grossvater sehe ich noch immer vor mir, wie er an einem Hühnerfuss, welcher mehrere Stunden in einer Suppe kochte, nagt. Auch wenn ein Schwein geschlachtet wurde, auf dem Hof, wurde das ganze Tier gegessen. Fleisch gab es dennoch selten und wenn ein Tier geschlachtet wurde, ernährte es eine Grossfamilie. Damals stimmte es für mich, Fleisch zu essen, obwohl ich schon als Kind mir die Frage stellte, weshalb gewisse Tiere gegessen werden und andere nicht. Trotzdem sah ich die Nutztierhaltung in einem noch naturnahen Kreislauf. Es war auch damals in Serbien nicht alles tierfreundlich und auch nicht umweltfreundlich. Nach der Ernte wurden zum Beispiel Brände entfacht, um den Boden fruchtbar zu halten. An den Geruch von verbrannter Erde kann ich mich noch immer erinnern. Auch das Gekreische von Ferkeln, die ohne Narkose kastriert wurden, brannte sich in mein Gedächtnis. Ich brach damals in Tränen aus, weil mich ihr leidvolles Geschrei tief berührte. Damals wusste ich noch gar nicht, was ihnen angetan wurde. Ich spürte jedoch auch die echte Fürsorge der Bauern für ihre Tiere. Die meisten meiner Verwandten waren Selbstversorger. Das beeindruckte mich schon als Kind und ich denke, dass damals der Same für meinen jetzigen Gartenanbau (Permakultur, Mischkultur, Biokultur) gelegt wurde.
Immer wieder kreuzten Tiere die Wege. Gänse lebten wie die Hühner auf den Höfen frei.
Unten links sind Hühner zu sehen.
Die Pferde waren für die Bauern wichtig. Sie hielten sie gut, denn sie halfen bei der Arbeit.
Auf ein starkes Pferd zu sitzen war für mich ein Traum (hinterstes Mädchen). Jedoch die Wolldecke juckte!
Umbruchzeit
1992 starb meine Mutter. Dieses noch heute für mich unbeschreiblich schmerzhafte Ereignis, begann mich und meine Welt zu verändern. Mit meinen damals 21 Jahren setzte ich mich mit Geburt und Tod und dem Leben dazwischen auseinander. Ich erkannte immer mehr die Rhythmen und Kreisläufe des Lebens. Ich las das Buch „Wahre Kraft kommt von Innen“ von Louise L. Hay. Ihre Ansichten, beispielsweise die Ereignisse in positive Schwingungen zu bringen, prägen noch immer meine Weltanschauung.
1996 besuchte ich, nach der Trennung von einem Mann, der viele Jahre an meiner Seite ging, ein Seminar in Italien. Ich lernte dort mich ein grosses Stück mehr lieben, liebe Menschen und fleischlose, variantenreiche, mir unbekannte und mir wohlschmeckende Mahlzeiten kennen.
Gemüsesorten gab es in einer Form, die ich nicht kannte.
Ich lernte vegane Salatsaucen zuzubereiten.
Ich realisierte kurze Zeit später, dass ich weder fähig bin, ein Tier zu töten, noch das ganze Tier zu essen. Ich fand es feige, das Töten jemand anderem zu überlassen und zudem nur die „edelsten“ Teile eines Tieres zu essen. Mein Entschluss deshalb kein Fleisch mehr zu essen, setzte ich in die Tat um. Eine neue kulinarische Welt tat sich mir auf. Vor allem die italienische Küche sagte mir zu. Es tat mir gut, lustvoll zu essen und dennoch kein Tier mehr direkt zu töten. Damals dachte ich noch, dass Eier und Milchprodukte keine Tiere töten. Ich hatte das Bild aus meiner Kindheit noch in Erinnerung.
In der Ausbildung zur Lehrerin belegte ich ein Modul zum Thema Ergänzungsstoffe (E-Stoffe) in Lebensmitteln. Für mich war dieser Kurs ein Aha-Erlebnis. Ich begann mich für die Zusammensetzung von Lebensmitteln zu interessieren. Ich lernte darauf zu achten, was ich ass und welche Nahrung wie auf mich wirkte. Türen öffneten sich mir und mir wurde immer bewusster, welche Folgen Nutztierhaltung auf die Umwelt hat. Mein jetziger Mann eröffnete mir die Welt von BIO. Biologisch heisst für mich nachhaltig und umweltfreundlich. Ich für mich kam zum Schluss, dass ich mich nach Möglichkeit von naturbelassenen Nahrungsmitteln, die nachhaltig, umweltfreundlich und möglichst saisonal und regional erzeugt werden, ernähren möchte. Dies tue ich nun auch schon seit vielen Jahren. Inzwischen ist mir klar, dass auch Milchprodukte und Eier unglaubliches Tierleid auslösen.
Ich
Meine Erfahrungen sind die Grundlage, die Erde, die Lebewesen und die Natur zu achten. Zu den Geschöpfen der Erde gehöre auch ich. Da für mich Käse ein Genussmittel ist und ich mich selber achten gelernt habe, esse ich ab und zu Käse mit viel Genuss, Dankbarkeit und ohne schlechtes Gewissen. Für mich ist das stimmig. Bei genauem Betrachten esse ich auch nichtveganes Gemüse. Ich kenne ehrlich gesagt nur einen Biobauernhof, der komplett vegan wirtschaftet und zum Beispiel ausschliesslich veganen Dünger benützt. Deshalb bevorzuge ich Demeterprodukte. Die Demeterbauernhöfe setzen sich zur Grundlage in einem Kreislauf zu wirtschaften. Ich finde meine Art zu leben vegan. Vegan heisst für mich, Achtung vor dem irdischen Sein.
Die Natur ist meine Religion, die Liebe mein Glaube und die Erde mein Tempel. (Ein ähnliches Zitat habe ich kürzlich gelesen und ist mir so in Erinnerung geblieben.)
Dieser Artikel wurde am 04.11.2015 veröffentlicht.