Immer wieder werde ich mit der Frage nach dem Medienkonsum konfrontiert. Vieles habe ich diesbezüglich schon ausprobiert. Ich liess meine Kinder eine vorgeschriebene Zeit <konsumieren> und stellte ihnen nach Ablauf der Zeit die Geräte ab. Dies führte zu Wutausbrüchen. Dann liess ich sie so viel <konsumieren> wie sie wollten. Die Folge war, dass sie überreizt und entweder überdreht oder übermüdet waren. Wie bei all den Themen in Bezug auf Umgang gibt es für mich keine Lösung, die für alle gilt. Ich möchte deshalb auch keine Ratschläge oder Anleitungen verteilen. Ich möchte gerne meinen Umgang mit dem Thema Medien mitteilen. Um für mich eine Lösung zu finden, begann ich mich selber im Umgang mit Medien zu beobachten.
Ich verbringe immer wieder viel Zeit am Computer. Das Bloggen gefällt mir super und ich lerne dadurch immer wieder ganz viel. Gerne tausche ich mich auf Facebook aus. Fernzuschauen sagt mir nichts. Einen Kinofilm anzusehen mag ich. Ich fotografiere mit viel Hingabe und dokumentiere diese Fotos auf digitaler Ebene.
Mein Mann schaut ab und zu eine Sendung im Fernseher. Er arbeitet oft zu Hause am Computer. Er spielt gerne Computerspiele (inzwischen auch mit den Kindern). Er hört gerne Hörbücher und benützt sein Handy oft, um z.B. auf Wikipedia etwas nachzuschauen.
Meine Kinder sehen diesen Umgang. Sie erkennen jedoch auch, dass wir immer wieder Zeit miteinander im Gespräch, in gemeinsamen Tätigkeiten (spielen, singen, kochen, essen, abwaschen, gärtnern, musizieren, spazieren, meditieren, …) und in der Natur verbringen.
Diese Grundlage führte mich zu verschiedenen Fragen, die ich mir selber stellte. Welche Sendungen oder welche Computer-Spiele lösen in mir Widerstand aus? Was macht mir Angst, wenn sich meine Kinder mit Medien beschäftigen? Wie würde ich mich fühlen, wenn mir jemand meine Zeit am Computer einschränken würde und mir den Computer nach der abgemachten Zeit ausschalten würde? Vertraue ich darauf, dass meine Kinder mit meiner Hilfe ein eigenes Mass finden?
Als ich diese Fragen für mich beantwortet hatte, besprachen wir das Ganze im Familienrat. (Meine Kinder waren damals 5 und 7-jährig.) Ich erklärte, weshalb ich z.B. Werbung manipulativ finde, gewisse Spiele mich beunruhigen, ich Nachrichten zu einseitig und negativ finde, mir viele Geschichten (z.B. Yakari, Dragons) gefallen und weshalb sie mir gefallen und dass ich Zeit, die wir als Familie miteinander (und nicht nebeneinander am Computer, Handy) verbringen, sehr wertvoll finde.
Gemeinsam einigten wir uns auf folgende Abmachungen:
- Vor dem Mittag- und dem Abendessen können sie zum Rohkostapéro eine Geschichte auf DVD schauen (ca. 20 min.). (Dies war schon vorher ein alltägliches Ritual).
- In ihrer freien Zeit, welche wir gemeinsam notierten (z.B. Mittwochnachmittag) können sie selber bestimmen, ob und wie viel sie mit Medien verbringen.
- Wir essen gemeinsam, dann wenn das Essen fertig ist. Nach dem Abendessen wird keine Zeit mehr am Computer, am Handy oder am Fernseher verbracht.
- Am Abend bis ich ihnen vorlese, können sie selber lesen oder eine Geschichte (Hörbuch) oder Musik hören.
- Wenn andere Kinder da sind oder wir Gäste haben, verbringen wir die Zeit mit ihnen und nicht mit Medien.
- Am Wochenende oder in den Ferien beginnt der Umgang mit Medien ab 9 Uhr.
- Im Auto kann am Tablet gespielt werden. Im Zug/Bus spielen wir gemeinsame Spiele.
Ich schaute am Anfang jeweils die Sendungen mit und diskutierte mit ihnen darüber. (Was hat dir gefallen, nicht gefallen und weshalb? Welche Gefühle löste es in dir aus? Welche Figuren beeindruckten dich und wieso? Würdest du diese Sendung nochmals schauen? Hast du etwas gelernt?) Computerspiele spielte ich anfangs mit und auch darüber kamen wir ins Gespräch.
Es brauchte ganz viel Überwindung von mir, mich an unsere Abmachungen zu halten, wenn die Kinder z.B. bei Sonnenschein drei Stunden vor dem Fernseher sassen oder im Dunkeln an der grossen Leinwand am Computer spielten. Inzwischen kann ich es einfach stehen lassen. Ich weiss nun auch aus Erfahrung, dass sie auch wieder Tage haben, an denen sie gar keine Medien benützen. Am Mittwochnachmittag machen sie sehr oft mit Freundinnen und Freunden ab. Am Wochenende haben sie sportliche Aktivitäten oder wir haben Gäste oder unternehmen etwas. Mir geht es ja da auch so. Manchmal sitze ich viel am Computer und manchmal bin ich den ganzen Tag im Garten. Meine Angst, dass ihnen etwas schaden könnte, konnte ich loslassen. Nun kann ich sogar bereits viel Positives darin sehen. Im Sommer 2015 waren wir zum Beispiel in Hamburg. Mein Neffe, damals wurde er gerade 13-jährig, war in Hamburg unser Fremdenführer. Er suchte sich alle Fahrpläne und Sehenswürdigkeiten per Internet heraus und organisierte jeden Tag ein top Programm für uns. Er führte uns an viele Orte, die ich wahrscheinlich ohne ihn und dem Wissen wie man solche Dinge vom Internet holt nicht entdeckt hätte (z.B. Achterbahnrestaurant). Oft auch erzählen mir meine Kinder spannende Dinge, die sie in einer Wissenssendung gehört haben. Meine Tochter kreiert gelegentlich auch angeregt durch Bastelsendungen ihre eigenen Werke.
Dass sich meine Kinder jedoch auch an die Abmachungen halten, braucht von mir auch heute noch immer wieder ein klares Nein. Es steht uns jedoch jederzeit frei, unsere Abmachungen beim Familienrat zu ändern. Zum Beispiel, merkte ich, dass am Wochenende meine Kinder beim ersten Aufwachen (um ca. 6.30 Uhr) anstatt wieder ins Bett zu gehen (was sie unter der Woche machen) aufstanden und sich vor den Fernseher setzten. Dies hatte zur Folge, dass sie gereizt waren, weil sie Hunger hatten, da wir erst um ca. 10 Uhr frühstückten. Zudem waren sie am Nachmittag müde. Ich sprach dies im Familienrat an. Wir sammelten Vorschläge und probierten sie aus. Beispielsweise assen die Kinder selber einen Getreideriegel oder ein Stück Brot. Dies befriedigte uns jedoch nicht. Deshalb schlug meine Tochter vor, dass sie erst ab 9 Uhr Medien benützen. Dies ist bis heute die beste Lösung für uns alle. Oft schlafen sie bis um 8.00 / 8.30 Uhr und verbringen die Zeit bis 9.00 Uhr noch im Bett. Manchmal stehen sie auf und spielen gemeinsam und vergessen dabei auch die Zeit.
Wie in allen Lebensbereichen gefällt mir Vielfalt. Zur heutigen Vielfalt gehören für mich auch Computer, Handy und Fernseher.
Dieser Artikel wurde am 07.06.2016 veröffentlicht.